Anfang August schrieb Fabian Scherschel in einem Kommentar bei heise, dass RSS tot sei. Das sehe ich anders. In den letzten Jahren habe ich immer wieder gelesen, dass die seit den Neunzigern existierende „Really Simple Syndication“ (früher: „Rich Site Summary„) in Kürze untergehen würde. Seit jenen Meldungen ist – jeweils – eine Menge Wasser den Rhein hinabgeflossen. RSS schwimmt unverdrossen weiter, aus gutem Grund.
Google Reader 2013 abgeschafft, Mozilla entfernt bald den Reader aus Firefox. Ja, und?
Fabian Scherschel hat beobachtet, dass immer weniger Seiten einen RSS-Feed anbieten würden und Browser die Funktion missen lassen (s.o.). Das sehe ich auch so. Gleichzeitig hat jedoch WordPress die Really Simple Syndication standardmäßig integriert – sie ist allein dadurch in 30 % aller Websites weltweit vorhanden.
Exkurs zu Facebook als Informationsquelle: Fabian Scherschel schreibt, dass Nachrichten (oder „News“, wie er es formuliert) hauptsächlich über Facebook konsumiert würden. Spontan wollte ich das verneinen und habe nach einem Beleg gesucht. Für Nachrichten bleibt es beim Nein: Laut Reuters Digital News nutzen 24 % der Deutschen Facebook als Nachrichtenquelle, das hat Statista veröffentlicht. Für „News“ im Sinne von Neuigkeiten aus verschiedensten Quellen ebenfalls ein Nein: Die ARD-ZDF-Online-Studie 2017 zeigt in den Kernergebnissen, dass WhatsApp deutlich vor Facebook liegt (64 % tägliche bzw. wöchentliche Nutzung von WhatsApp ggü. 33 % bei Facebook).
Gleicher Meinung sind wir, dass die geringere RSS-Präsenz schlecht für unsere Web-Gesellschaft ist. Fabian Scherschel konstatiert: „RSS ist ein demokratisches Werkzeug für informierte Web-Bürger, ersetzt wird es durch Fake-News-Schleudern.“ Aber muss der RSS-Newsfeed deshalb zum Untergang verurteilt sein, nur weil er vielleicht nicht mehr so bequem nutzbar ist? Mitnichten (hach, ich habe ein Lieblingswort benutzt!).
Wir können RSS voranbringen.
Fabian Scherschel schreibt, dass die Really Simple Syndication nur etwas von Nerds für Nerds sei. Nein. Jeder von uns kann in seinem eigenen Umfeld, ob nerdig oder nicht, für pure Nachrichten bzw. News werben: ohne Algorithmus, ohne einprogrammierte Interessen von Social-Media-Anbietern innerhalb einer Timeline. Das nenne ich starke Argumente.
Jeder von uns kennt diese „normalen Nutzer“, wie Fabian Scherschel sie nennt. Auch sie beschweren sich, dass die Algorithmen nerven, längst nicht mehr alles zu sehen sei und erscheinende Beiträge willkürlich wirken (inkl. der auffällig passenden „sponsored“ Posts).
Wer weiß, welche Quellen sie/er nutzen möchte, kann sich eine eigene Timeline zusammenstellen. Ohne Algorithmus und chronologisch obendrein. Das höchstpersönliche News-Silbertablett. Und wir als User müssen Website-Betreiber auffordern (oder nerven), einen Newsfeed anzubieten. Zwar gibt es Workarounds, aber wir wollen doch RSS „direkt“ haben, damit wir auch die „normalen Nutzer“ heranführen und überzeugen können.
Denn RSS existiert weiterhin.
Dass Mozilla seinen Reader mit der Version 63 oder 64 aus Firefox entfernen will, heißt noch lange nicht, dass Mozilla das Konzept der Syndication schlecht findet. Denn Mozilla will beim Abschalten in Firefox einige RSS-Reader empfehlen, die als Ersatz dienen können. Geht doch, nur halt anders.
Das Wasser kann also weiter in Ruhe den Rhein hinabfließen.
PS: Die vorgesehenen zehn Minuten Schreibzeit für den #10minBlog haben heute, an Tag 22, nicht ausgereicht. Egal, die 30-Tage-Challenge ist auch mit längerer Schreibzeit eine tolle Sache. Am 3. August ging’s los.
[…] etwas Neues zu liefern. Etwas, dass das Wiederhereinschauen triggert oder vielleicht zu einem RSS-Abo führt, um auf dem Laufenden zu bleiben. Vielleicht ein #10minBlog reihum aus der Belegschaft? […]